1. ... weil es ganz viel mit Vertrauen und Respekt zu tun hat.
Was bedeutet eigentlich dokumentarisch zu fotografieren? Für mich bedeutet es vor allem Vertrauen zu haben. Da es mir ganz wichtig ist, dass ihr auch wisst, welche Art von Fotografie ihr zu erwarten habt, telefoniere ich gern vorher mit euch. Zum einen möchte ich, dass mich die Familien kennenlernen, denn dokumentarische Familienfotografie hat immer mit Vertrauen zu tun. Mit intimen Momenten. Keine perfekte Inszenierung, sondern euer Leben, so wie es ist. Und deshalb ist es auch wichtig, im Vorfeld miteinander zu kommunizieren und sich vertraut zu machen. Damit sich beide Seiten einstimmen können und schon im Vorfeld auch klar wird, ob die Fotografin auch zur Familie passt oder eben nicht. Ihr müsst euch wohlfühlen, das ist ganz besonders wichtig.
Ich denke ein wesentlicher Unterschied zur klassischen Art der Familienfotografie ist, dass die Familien nicht inszeniert werden. Ich positioniere die Familie nicht an einem besonders schönem Ort, füge nichts hinzu oder entferne z.B. eine volle Windel ;) Ich gehe mit dem Flow der Familie und versuche beobachtend Alltagsmomente festzuhalten. Das ich das machen kann, hat viel mit Vertrauen in meine Person zu tun. Und mit Respekt vor den Eigenheiten und der Intimität der Familienstrukuren und euren Verbindungen. Nur so könnt ihr auch wirklich die Familie sein, die ihr auch wirklich seid. Ich brauche keine blitzeblanke Wohnung und auch keine weissen Hemden. Ich möchte echte Erinnerungen für euch schaffen, euren Alltag und eure Verbindungen festhalten. Und das mit viel Liebe und Respekt für euch!



2. ... weil eure Bilder Zeitdokumente für euch und weitere Generationen sind.
Die dokumentarische Familienfotografie versucht das offensichtlich Unsichtbare, Verbindungen, Rituale, Alltägliches aber auch soziale Gegebenheiten mit dem Blick der Fotografin zu dokumentieren und als Zeitdokument für euch aber vor allem auch für weitere Generationen festzuhalten. Diese Art der Fotografie greift nicht ein in das Geschehen, sie lässt die Szene so zu, wie sie passiert. Mit dem subjektiven, künstlerischen Blick der Fotografin versuche ein Stückchen Wahrheit, ein Stückchen des eigenen Lebens, des Alltags zu speichern und auch weiterzugeben. Es sind Momente der Freude, Verbundenheit und Liebe sowie auch der Wut und Trauer. So wie das Leben eben. Eure Bilder als kollektives Familiengedächtnis sozusagen. Und irgendwie auch ein Abbild unserer Gesellschaft, in der wir leben.



3. ... weil Reflexion der eigenen Elternschaft möglich wird.
Echte Erinnerungen bedeuten eben auch nicht nur die oberflächlich "schönen" Momente festhalten. Es gibt viele verschiedene Gefühle und Momente, die auch zur Mutterschaft gehören und es ist wichtig diese sichtbar zu machen. Viele Darstellungen von Mutterschaft in unserer Medienlandschaft reproduzieren immer noch das Konstrukt vom Muttersein als etwas pur Weibliches und biologisches, als eine symbiotische Einheit von Mutter und Kind, rein und unschuldig. Voller Glück und Liebe. Ja, bestimmt trifft das auch für viele zu. Doch es gibt so viele verschiedene Lebensrealitäten und Arten von Muttersein, die genauso gezeigt werden müssen. Von diversen Familienmodellen, Körpern, Gefühlen und Momenten. Und ich freue mich, dass ich auch einen kleinen Teil zu mehr Realität im Kontext von Mutter- und Elternschaft beitragen darf. Durch die Fotos wird eure Familie, eure Lebenskonstellation sichtbar und zeigt vor allem euch, wie wundervoll ihr seid, was ihr alles geschafft habt, obwohl vielleicht nicht alles gut ist. Dies ermöglicht Reflexion der eigenen Elternschaft und das kann auch sehr heilsam sein. So war es bei mir.






4. ... weil nicht die Kopie, sondern euer echtes Leben im Mittelpunkt steht.
Die dokumentarische Familienfotografie hat einen entscheidenen Vorteil. Sie stellt nicht das Shooting in den Mittelpunkt, sondern das Leben. Euer Leben. Deshalb können durch diese Bilder auch echte Alltagserfahrungen nachemfpunden werden und nicht (nur) die Gefühle des Shootings. Ich versuche die eigentlich künstliche Situation in den Hintergrund treten zu lassen, weil die Familie vor der Kamera das machen kann, was sie immer tut. Ihren Alltag leben. Das Betrachten der Bilder soll die Gefühle des Alltags wiederbringen, nicht die Gefühle des Shootings. Ganz ohne Stress und dem Drang alles im Vorfeld zurecht rücken zu müssen. Die dokumentarische Familienfotografie ist eine Entscheidung für das echte Leben. Und nicht die schöne Kopie dessen. Und deshalb ist sie für mich auch die schönste Form des Erinnerungensammelns.





An was möchtet ihr euch erinnern?
Diese alltäglichen Bilder meiner Familie bedeuten mir so unglaublich viel. Und ich bin froh, dass es Fotografinnen gibt, die mir dieses Geschenk machen können. Und ich dachte ich muss das auch für andere Menschen tun. Diese echten Gefühle beim Betrachten der Bilder, sollten auch andere Familien spüren. Ich betrachte gerade alte Fotos aus den Anfängen meiner Selbstständigkeit und bin so froh über den Schritt zur dokumentarischen Familienfotografie.
Es ist nicht so, dass ich das Inszenieren nicht schön finde aber ich als Mama fühle ich mich der dokumentarischen Familienfotografie verfplichtet. Ich würde mir wünschen, dass jede Familie, sich mindestens einmal in ihrem Leben im Alltag begleiten lassen könnte. Es ist so ein krasser Mehrwert. Denn das ist es doch, was wir unseren Kindern später mal zeigen wollen. Na klar brauchen wir auch Gruppenbilder für Oma und Opa, für Tante und Onkel aber an was wollt IHR euch erinnern? Welche Erinnerungen wollt ihr später mal haben? Von euch und eurer Mutterschaft? Das frage ich mich auch selbst. Und meine Antwort ist ganz klar: Ich möchte mich an die Momente erinnern, in denen ich meine Kinder so gesehen habe, wie sie wirklich sind. Und das ist eben nicht in inszenierten Posen, sondern im alltäglichen Spiel, beim Zähneputzen, beim weinen, streiten, lachen, trösten und beim ins Bett bringen. Das ist für mich Erinnern. Und das möchte ich festhalten.